Am 9. Februar 1851 wurde die erste „Advokatenkammer“ in Tirol gegründet. Der erste Präsident der neuen Advokatenkammer war der Innsbrucker Advokat Dr. Alfons von Wiedmann. Bemerkenswert: Zur Zeit der Gründung waren lediglich acht Advokaten, wie Rechtsanwälte damals genannt wurden, in Tirol tätig. Heute sind es rund 550 Rechtsanwälte.
Im Jahr 1868 wurde zudem das staatliche Ernennungsrecht aufgehoben und die Advokatur als Beruf freigegeben. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Beruf Rechtsanwalt frei und von jedermann ausgeübt werden. Das bis dahin gültige Ernennungsrecht des Justizministers war somit Geschichte.
Mit der Freigabe des Berufs stieg auch die Bedeutung der Kammer als Organisation der Rechtsanwälte. Die im Jahr 1868 eingeführte Advokatenordnung ermöglichte erstmals die Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft und damit die Unabhängigkeit gegenüber staatlichen Einflüssen. Ihre volle Autonomie erlangte die Rechtsanwaltschaft aber erst vier Jahre später, mit der Einführung einer eigenen Standesgerichtsbarkeit im Jahr 1872.
Im „Österreichischen Ständestaat" (1934-1938) kam es zum Verlust dieser Autonomie. Die Kammerfunktionäre wurden in dieser Zeit nicht mehr gewählt, sondern wiederum vom Justizminister bestellt. Ein gravierender Rückschritt. Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (1938-1945) wurde die Autonomie des Anwaltsstandes vollständig beseitigt. Die Ernennung und Eintragung der Rechtsanwälte erfolgte während dieser Zeit durch den Reichsjustizminister.
Nach Wiedereinführung der Österreichischen Bundesverfassung und Wiederherstellung der Demokratie im Jahr 1945 wurde das österreichische Anwaltsrecht wieder in Kraft gesetzt. Dr. Anton Cornet, bis zu seiner Enthebung 1938 Präsident der Tiroler Rechtsanwaltskammer, nahm ab September 1945 wieder die Führung der Kammergeschäfte auf. Drei Jahre später, am 21. Oktober 1948, fand nach elfjähriger Unterbrechung die erste ordentliche Vollversammlung aller eingetragenen Tiroler Rechtsanwälte statt. Die Weichen in Richtung Zukunft waren gestellt.
Die autonome Selbstverwaltung der Rechtsanwälte ist unverzichtbar in einer Demokratie. Denn nur eine freie und unabhängige Rechtsanwaltschaft kann die Interessen der Klienten wahren und vor staatlicher oder anderer Willkür schützen.